Die Elektromobilität hat das Arbeitsumfeld im Kfz-Bereich grundlegend verändert. Hochvoltsysteme (HV-Systeme) in Hybrid- und Elektrofahrzeugen bringen neue Herausforderungen mit sich – insbesondere in Bezug auf die Arbeitssicherheit. Wer an solchen Systemen tätig ist, muss die grundlegenden Sicherheitsregeln kennen und konsequent anwenden. Diese sogenannten „Fünf Sicherheitsregeln für Arbeiten an Hochvoltsystemen“ dienen dem Schutz von Personen vor elektrischen Gefahren und sind verbindlicher Bestandteil der Unfallverhütungsvorschriften (DGUV Vorschrift 3, DIN VDE 0105-100).


1. Freischalten – Trennung vom Hochvoltnetz

Bevor mit Arbeiten am Hochvoltsystem begonnen wird, muss die Spannungsquelle freigeschaltet werden. Das bedeutet, dass alle Verbindungen zwischen der Spannungsquelle (z. B. HV-Batterie) und dem Hochvoltsystem unterbrochen werden.
Dies kann durch das Abziehen des Servicesteckers, das Ausschalten der Zündung oder durch spezielle Trennvorrichtungen erfolgen. Nur geschultes und befähigtes Personal (FHV – Fachkundige Person für Hochvoltsysteme) darf diese Arbeiten durchführen.

Hinweis: Vor Beginn jeder Arbeit ist sicherzustellen, dass das Fahrzeug spannungsfrei geschaltet wurde und keine Restenergie mehr im System vorhanden ist.


2. Gegen Wiedereinschalten sichern

Nach dem Freischalten ist das System gegen unbeabsichtigtes Wiedereinschalten zu sichern.
Hierzu gehört das Anbringen von Warnschildern („Nicht schalten – es wird gearbeitet!“) sowie das physische Sichern der Trennvorrichtungen durch z. B. Vorhängeschlösser oder Sperrmechanismen.
Nur so kann verhindert werden, dass Dritte versehentlich die Spannungsversorgung wiederherstellen.


3. Spannungsfreiheit feststellen

Im nächsten Schritt muss geprüft werden, ob das Hochvoltsystem tatsächlich spannungsfrei ist.
Diese Überprüfung erfolgt mit geeignetem, geprüftem Messgerät und persönlicher Schutzausrüstung (PSA).
Wichtig ist, dass die Messung an allen aktiven Leitern durchgeführt wird, um sicherzugehen, dass keine Restspannung vorhanden ist.

Achtung: Arbeiten dürfen erst begonnen werden, wenn die Spannungsfreiheit eindeutig festgestellt wurde.


4. Erden und kurzschließen

Wo erforderlich, sind die freigeschalteten Teile zu erden und kurz zu schließen, um eine ungewollte Rückeinspeisung oder statische Aufladung zu vermeiden.
Dies betrifft insbesondere Arbeiten an größeren Systemen, bei denen durch Restenergie oder induktive Effekte Spannungen entstehen könnten.
Im Kfz-Bereich ist dieser Schritt in der Regel nur bei bestimmten Hochvoltkomponenten notwendig und in den Herstellervorgaben genau beschrieben.


5. Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken

Zum Abschluss müssen benachbarte, unter Spannung stehende Teile so abgedeckt oder abgeschrankt werden, dass kein unbeabsichtigter Kontakt entstehen kann.
Hierzu werden Isoliermatten, Abdeckungen oder Abschrankungen verwendet.
Diese Maßnahme schützt das Personal zusätzlich vor Lichtbogenbildung und elektrischem Schlag.


Die konsequente Anwendung der fünf Sicherheitsregeln ist die Grundvoraussetzung für ein sicheres Arbeiten an Hochvoltsystemen. Nur wer diese Regeln verinnerlicht und regelmäßig anwendet, kann Risiken wirksam minimieren und die eigene Sicherheit gewährleisten. Darüber hinaus ist es unerlässlich, dass Arbeiten an Hochvoltsystemen ausschließlich von fachkundigem Personal (FHV, FHVES) durchgeführt werden, das gemäß DGUV Information 200-005 geschult und befähigt ist.

Die rechtliche und sicherheitstechnische Grundlage bilden hierbei die DGUV Vorschrift 3 – Elektrische Anlagen und Betriebsmittel, die DGUV Information 200-005 – Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen, sowie die DIN VDE 0105-100 – Betrieb von elektrischen Anlagen. Ergänzend sind stets die Herstellerangaben und geltenden Arbeitsschutzrichtlinien zu beachten.